Forschungsprojekt „open_eGo“ ermöglicht volkswirtschaftlich optimale Planung der deutschen Netz- und Speicherinfrastruktur

Will Deutschland seine im Klimaschutzplan 2050 gesteckten Ziele erreichen, muss die Umgestaltung unserer Stromversorgung, insbesondere der Ausbau der Netz- und Speicher-Infrastruktur, konsequent vorangetrieben werden. Damit sich künftige Energiesysteme besser nach volkswirtschaftlich vorteilhaften Kriterien modellieren lassen, hat das Institut für Vernetzte Energiesysteme des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Projekts „open_eGo“ („open electricity Grid optimisation“) einen offenen Daten- und Softwarepool entwickelt. Die integrierte Netzplanungssoftware „eGo“ erfasst eine Vielzahl an frei verfügbaren Netz- und Planungsdaten und ist nach den Prinzipien einer Open-Source-Entwicklung für alle Akteure der Energiewirtschaft uneingeschränkt zugänglich. Der Abschlussbericht zum open_eGo-Projekt ist am 26.04.2019 veröffentlicht worden.

Software ermöglicht präzise Prognosen zu künftigen Netzengpässen
Für die Modellierung des künftigen Ausbaubedarfs berücksichtigt die Planungssoftware die jeweils kostengünstigste Option. So werden große Schwankungen zum Beispiel bei der Einspeisung künftiger Offshore-Windparks im ökonomisch sinnvollsten Verhältnis zwischen dem direkten Weitertransport und der Speicherung in der Region errechnet. „Auf diese Weise sehen wir, wie stark einzelne Leitungen in Zukunft ausgelastet sind, ohne dass wir Anlagen abregeln müssen. Es lassen sich also präzise Prognosen erstellen, in welchen Regionen Engpässe zu erwarten sind und wo künftig Netzverstärkungen oder neue Leitungen benötigt werden“, erläutert Julian Bartels, open_eGo-Projektleiter am Institut für Vernetzte Energiesysteme. Eine Tendenz, die sich aus ersten Berechnungen ableiten lässt: „Die öffentlich kontrovers diskutierten sogenannten Stromautobahnen scheinen zu einer Verringerung des Ausbaubedarfs zu führen.“ In welchem Umfang sie tatsächlich zur Senkung der Gesamtkosten beitragen, werden Netzdienstleister und Interessengruppen mit der Software im Detail berechnen können.

Open_eGo ermöglicht ganzheitliche Sichtweise
Die Arbeit mit der open_eGo-Plattform unterscheidet sich von den bisher genutzten Planungsinstrumenten vor allem in der Sichtweise. So sind in der Energiewirtschaft mit rund 800 Netzbetreibern vielfach betriebswirtschaftliche Interessen für die Planung ausschlaggebend. Daten und Software werden häufig nicht weitergegeben. Durch das open_eGo-Projekt wurden erstmals zahllose Datensätze zur geografischen Ausbreitung der einzelnen Netzebenen, zu Windparks, Kraftwerken, Solaranlagen, Umspannwerken oder dem Stromhandel mit dem angrenzenden Ausland in dieser Detailtiefe gesammelt und zusammengefügt. Darauf aufbauend lassen sich Variablen wie Ausbaupläne, Kostenentwicklungen oder Verbrauchswerte ergänzen, so dass nahezu beliebige Szenarien dargestellt werden können.   

Energiewende vorausschauend und effizient gestalten
Weil die Projektpartner die Modelle und Daten auf einer eigens entwickelten, öffentlich zugänglichen Plattform bereitstellen, ermöglicht open_eGo allen Interessensgruppen eine transparente Sichtweise auf die Auswirkungen einzelner Maßnahmen. „Open_eGo ermöglicht somit einen systemanalytischen Ansatz, der in der Energiesystemmodellierung die Bewertung zulässt, ob ein Vorhaben eines Netzbetreibers nicht nur betriebswirtschaftlich, sondern zum Beispiel auch volkswirtschaftlich vorteilhaft ist. Die Plattform unterstützt uns somit, die Energiewende vorausschauend und effizient zu gestalten“, fasst Dr. Thomas Vogt, Leiter der Abteilung Energiesystemanalyse am Institut für Vernetzte Energiesysteme die Vorteile des Planungsinstruments zusammen.

Im Projekt open_eGo hat das DLR-Institut für Vernetzte Energiesysteme mit der Hochschule und der Europa-Universität des Zentrums für nachhaltige Energiesysteme Flensburg, dem Institut für Intelligente Kooperierende Systeme der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und der Reiner Lemoine Institut gGmbH kooperiert. Ein Nachfolgeprojekt, in dem ein Programm zur Einbettung der vielschichtigen Sektorenkopplung integriert werden soll, ist in Planung.

 

Bild und Text: DLR