Stellungnahme zu Sonderausschreibungen für Wind und Solar: kein Rückenwind für den Nordwesten

Die von der Großen Koalition in Berlin am Dienstagabend beschlossenen Regelungen für Sonderausschreibungen für neue Windenergieanlagen an Land und Solaranlagen werden vom Oldenburger Energiecluster OLEC e.V. kritisch beurteilt. „Was beschlossen wurde, ist mit Sicherheit kein Rückenwind für die gebeutelte Windenergiebranche im Nordwesten, höchstens ein laues Lüftchen“, so Roland Hentschel, Vorstandsvorsitzender des regionalen Netzwerkes, in dem auch verschiedene Windenergieunternehmen vertreten sind. Man müsse es schon als Erfolg werten, dass man sich überhaupt einigen konnte.

Die Vereinbarung zum Energiesammelgesetz sieht die Streckung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Sonderausschreibungsmengen von jeweils 4 GW Wind und Solar auf nunmehr drei Jahre bis 2021 vor – Im Koalitionsvertrag war diese Zubaumenge nur für 2019 und 2020 vorgesehen. Nun sollen in 2019 jeweils 1 GW Wind und Solar zusätzlich ausgeschrieben werden, in 2020 dann jeweils 1,4 GW und in 2021 jeweils 1,6 GW.

„Die Branche warte bereits seit dem Frühjahr auf klare Signale zur Umsetzung der Sonderausschreibungen, der Engpass im Ausbau zeichnete sich aber bereits seit Mitte 2017 ab“, so Hentschel weiter. Dass man in dieser für die Unternehmen und Beschäftigten in der Windbranche bereits durchschlagenden, schwierigen Situation nun durch Streckung der Mengen weiter den Ausbau der Erneuerbaren abbremse, sei sehr enttäuschend.

Auch die in der Vereinbarung beschlossenen „Innovationsausschreibungen“ für Teilmengen der allgemeinen Ausschreibung, bei denen neue Preisgestaltungsmechanismen und Ausschreibungsverfahren erprobt werden sollen, finden seitens OLEC nicht ungeteilte Zustimmung. „Grundsätzlich ist mehr Wettbewerb sowie Netz- und Systemdienlichkeit ein Schritt in die richtige Richtung. Aber wenn Stromproduzenten keine Vergütung mehr erhalten sollen, wenn das Stromangebot zu groß sei, fehlen schlichtweg die Rahmenbedingungen für Investitionen, dann wird alles nur noch vage. Hier ist es sinnvoller, wenn nicht zu viel Strom und insbesondere nicht der Ökostrom bestraft wird, sondern die lokale Speicherung vor Ort für eine alternative Verwendung gefördert werden würde.“

Begrüßt wird seitens OLEC, dass die Parteien eine Arbeitsgruppe zur Akzeptanz einrichten wollen, welche die Frage von verbindlichen Abstandsregelungen und Höhenbegrenzungen für Windräder für die Bundesländer untersuchen soll. Auf dieser Grundlage soll dann bis Herbst 2019 über konkrete Akzeptanzmaßnahmen, Förderbedingungen sowie weitere Ausbaupfade bis 2030 gesprochen werden. „Der Ausbau der Erneuerbaren Energien geht nur mit den Bürgerinnen und Bürgern und unter Berücksichtigung deren berechtigter Sorgen. Klar ist aber auch: soweit es zu diesen zentralen Aspekten der konkreten Planung und Umsetzung von Anlagen und Parks keine Klärung gibt, werden Investitionen zusätzlich zurückgestellt, zu Lasten der Beschäftigung“, so Hentschel.

Insgesamt vermisst OLEC in der Vereinbarung auch einen zumindest mittelfristig angelegten Ausbaupfad der Erneuerbaren, um das gesetzte Ziel von 65% Erneuerbarem Strom bis 2030 zu realisieren. Diesen nun auf Herbst 2019 zu verschieben diene vielleicht dem politischen Frieden, schade aber der Wirtschaft. Investitionen in Anlagen und Parks benötigen eine mehrjährige Planungsphase und damit Rahmenbedingungen für mindestens 5 Jahre. Leider betreffe dies auch die im Nordwesten wichtige Offshore-Branche, zu der in der Vereinbarung keinerlei Stellung genommen worden ist. Insgesamt wurde bei den Verhandlungen auf die Branchen-Expertise verzichtet, was vor allem in Bezug auf die geplante Arbeitsgruppe zu Akzeptanz bedauerlich ist. Gerade hier wären die Erfahrungen der Branche für zukünftige Entscheidungen und Partizipationswege wertvoll.