Städte wachsen immer weiter und stehen hierbei vor einer Vielzahl von Herausforderungen. Smart-City Ansätze bieten intelligente Lösungen der vielfältigen gesellschaftlichen Herausforderungen für die smarte Weiterentwicklung von Städten und Regionen. Besonders im Bereich Energie werden schon viele spannende Technologien und neue Herangehensweisen erprobt – auch hier in der Region Weser-Ems. Aber wie sehen diese Lösungen genau aus? Welche Mehrwerte, aber auch Herausforderungen bringen Sie mit sich? Welche Handlungsbedarfe entstehen für die Verwaltungs- und Planungsebene?
Diese und weitere Fragestellungen wurden am 16. Juni 2020 beim 2. OSCAR After-Work Meetup unter dem Titel „Intelligente Energie im Quartier“ gemeinsam mit Akteur*innen aus Wirtschaft, Wissenschaft sowie der kommunalen Ebene diskutiert.
Die Veranstaltung fand in Kooperation des Oldenburger Energieclusters OLEC e.V. sowie der embeteco GmbH & Co. KG, beide Mitglieder im Projektkonsortium des Projektes Energetisches Nachbarschaftsquartier Fliegerhorst Oldenburg (ENaQ), digital statt. Zugeschaltet waren außerdem weitere Mitglieder des Projektkonsortiums, welche ihre Arbeiten in Bezug auf intelligente Energielösungen sowohl im Kontext des ENaQ-Projektes sowie im Rahmen anderer Projekte in der Region Weser-Ems vorstellten.
Zu Beginn des digitalen Meetings gab Matthias Brucke, Inhaber der embeteco GmbH & Co. KG eine kurze Einführung in die Thematik. Er betonte, dass der Bereich Smart Energy nicht isoliert von anderen Domänen einer intelligenten Stadt oder Region betrachtet werden dürfe. Vielmehr seien die Vernetzung verschiedener Smart City Domänen untereinander sowie die hieraus entstehenden Synergien entscheidende Erfolgsfaktoren für intelligente Lösungen. In Bezug auf intelligente Lösungen im Energiebereich sei besonders die Sektorenkopplung von Energie, Wärme und vor allem Mobilität ein ausschlaggebender Punkt. Dies zeigt auch das Projekt emgimo, in dessen Rahmen embeteco zusammen mit sechs weiteren Beteiligten über die Sektorenkopplung Elektromobilität und CO2-neutrale Energieversorgung im Gewerbegebäude netzverträglich integriert. Die technische Umsetzung des Projektes stelle hierbei weniger ein Problem dar als die rechtlichen Rahmenbedingungen, so Brucke. Auch sei es eine Herausforderung gewesen Daten über Domaingrenzen hinweg nutzbar zu machen, um die bereits genannten Synergien zu ermöglichen.
Auch Oldenburg entwickelt mit dem Projekt Energetisches Nachbarschaftsquartier (ENaQ), welches in einem Teil des neuen Wohnquartiers Helleheide auf dem Fliegerhorst entsteht, bereits intelligente Energielösungen. Dr. Sven Rosinger vom OFFIS Institut für Informatik e.V. stellte mit seinem Videobeitrag verschiedene Prototypen zur Energievisualisierung im ENaQ-Projekt vor. Neben einer einfachen Energieampel wird im Projekt auch an einer Energieuhr sowie einer Energie-App geforscht. Besonders wichtig ist dabei, dass diese auf Bedarfe der späteren Bewohnenden abgestimmt sind. Deswegen sei es essenziell, so Rosinger, Bürgerinnen und Bürger mit in die Entwicklung dieser Prototypen einzubeziehen. Dies wird im Rahmen des ENaQ-Projektes durch verschiedene Beteiligungsformate versucht zu ermöglichen. So konnten einige Verbesserungsvorschläge schon in die Forschung mit aufgenommen werden. Auch die Schwierigkeit sowohl an die Bedarfe der Nutzer*innen angepasste Lösungen zu entwickeln, die gleichzeitig wirtschaftlich und sozial verträglich umsetzbar sind, kann mit einer umfassenden Beteiligung der entsprechenden Akteurinnen und Akteure gewährleistet werden.
Anschließend gab Dr. Peter Klement vom DLR Institut für Vernetzte Energiesysteme den Teilnehmenden einen Einblick in das DLR-Netzlabor, in dem aktuell verschiedene Möglichkeiten zur Ausgestaltung der physischen Infrastruktur der Energieversorgung des Energetischen Nachbarschaftsquartiers simuliert werden. Mit Hilfe der Energiesimulation können unterschiedlichste Kombinationen von Technologien zur Energieerzeugung und -speicherung in Bezug auf die Kriterien Treibhausgasemissionen, Eigenverbrauchsquote sowie die Energiekosten bewertet werden. So kann für den Bereich des Quartiers Helleheide, in welchem das ENaQ-Projekt umgesetzt wird, das Energiesystem an die entsprechenden Bedarfe angepasst und optimiert werden. Das DLR-Netzlabor bietet eine Testumgebung, um Prototypen unter geschützten, realitätsnahen Bedingungen zu erproben und somit die spätere Nutzung im Quartier Helleheide zu optimieren.
Dass die Region Weser-Ems sich auch in weiteren Projekten mit dem Themenfeld intelligente Energie beschäftigt, zeigte Jannik Hartfil, Produktmanager bei der EWE Netz für das Produkt EiVi (Einspeisevisualisierung). Das Projekt ist im Rahmen des enera Projektes entstanden. Bei EiVi handelt es sich um eine App, welche zur Visualisierung der Energieeinspeisung sowie dem Energieverbrauch von Prosumer-Haushalten dient. Neben der Visualisierung bietet die App auch eine Prognosefunktion der Lastgänge sowie Handlungsempfehlungen zum Energieverbrauchsverhalten. Dabei konnten viele Parallelen und Anknüpfungspunkte zum ENaQ-Projekt feststellt werden, da beide Projekte ähnliche Fragestellungen bearbeiten und in ähnlichen Bereichen forschen. Ein Kooperationspotential ist hier somit gegeben und durch die EWE Netz als Projektpartnerin in beiden Projekten auch gewährleistet.
Nach den Impulsen diskutierten die Teilnehmenden im interaktiven Abschlussplenum nochmal zu den Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen, welche intelligente Energielösungen mit sich bringen. Dass in der Region schon in mehr Projekten als gedacht zu innovativen Ideen und intelligenten Lösungen im Energiebereich geforscht wird wurde von den Teilnehmenden positiv angemerkt. Im Austausch wurde jedoch auch deutlich, dass die vielen gesetzlichen Regelungen häufig als Hindernis zur Umsetzung intelligenter Lösungen vor allem auch im Energiebereich gesehen werden. Auf der anderen Seite liefern gerade diese Rahmenbedingungen die nötige Sicherheit, wenn es um Themen rund um den Datenschutz geht. Die Teilnehmenden nehmen aus der Veranstaltung mit, dass die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern im Entwicklungsprozess ein essenzieller Faktor ist, um intelligente Lösungen im Energiebereich bedarfsgerecht zu gestalten. Dies zeigten auch die Ergebnisse der zu Beginn und Ende der Veranstaltung durchgeführten Umfrage. Während die Teilnehmenden intelligente Energielösungen anfangs vor allem als Chance sahen die Erneuerbaren Energien zukunftsfähig zu machen und Maßstäbe für das Energiesystem der Zukunft zu setzen, antworteten zu Ende der Veranstaltung die meisten, dass es vor allem der Aktivierung potentieller Nutzerinnen und Nutzer bedarf, um ebendieses Bild zu erfüllen.
Wir bedanken uns für die Teilnahme an der 2. OSCAR-Veranstaltung und vor allem für die rege Interaktion seitens der Teilnehmenden. Uns hat die Veranstaltung sehr viel Spaß gemacht und wir hoffen Sie konnten Impulse und Anregungen für Ihren Arbeitsalltag mitnehmen.
Der Name OSCAR steht übrigens für „Oldenburg Smart City and Region“. Unter diesem Titel soll ein regelmäßig stattfindendes After-Work Format zum Austausch zwischen Akteur*innen aus Praxisprojekten, Wirtschaft und Wissenschaft sowie mit Akteur*innen aus Verwaltung und Planungsebene der Region Nordwest zu intelligenten Lösungen und Innovationen im Smart City Kontext etabliert werden. Deswegen freuen wir uns Sie auch bei der nächsten OSCAR-Veranstaltung herzlich begrüßen zu dürfen, welche voraussichtlich im Herbst 2020 stattfinden wird.